„Was? Solche Hunde gibt es auch?“, wird sich nun der ein oder andere verwundert fragen, der ein eher verfressenes Exemplar daheim sitzen hat.
Ja, es gibt sie. Die Hunde, die ihr Futter nicht fressen – und das gar nicht mal so selten. Aus diesem Grund beschäftigen wir uns heute mit möglichen Gründen und Lösungsansätzen zu dem Thema.
Los geht’s!
1. Futter
Klar. Wenn der Hund sein Futter nicht frisst, liegt es nahe, dass das Futter nicht passt. Ich möchte in diesem Beitrag keine Diskussion zum Thema Trocken-, Nassfutter, BARF, Kochfütterung, etc. lostreten und auch hier keine Empfehlung aussprechen. Wichtig ist mir bei diesem Punkt, dass es nicht DAS eine Futter für alle Hunde gibt, sondern dass das sehr individuell ist. Es sollte an Alter, Aktivitätslevel und Gesundheitszustand angepasst sein. Auch die Menge ist wichtig. Gerade bei kleinen oder alten Hunden kann man sich schnell verschätzen. Ebenso sieht es bei der zusätzlichen Gabe von Leckerchen aus. Könnte es sein, dass ihr Hund schon satt ist oder die Leckerchen dem Futter vorzieht? Dann ist Zurückhaltung bei der Leckerchengabe gefragt. Leckerchen sind keine Hauptmahlzeit und sollten dosiert eingesetzt werden.
Obwohl ich den Punkt Futter als erstes aufführe, sollten Sie vorsichtig mit Futterumstellungen sein. Ich habe schon oft erlebt, dass wahllos das Futter umgestellt wurde. Das ging dann ein paar Wochen gut und danach war es wie vorher. Ein Futterwechsel stellt eine Belastung für den Magen-Darm-Trakt dar und sollte gut überlegt sein. Deshalb: macht Ihr Hund einen gesunden und fitten Eindruck, ist sein Gewicht im Normalbereich, sind Gebiss, Zähne und Zahnfleisch unauffällig, ist sein Fell glänzend und schuppenfrei, der Kot normal, zeigt er kein auffälliges Verhalten, kratzt und leckt sich nicht übermäßig, frisst er nicht auf einmal übermäßig viel Gras und erbricht sich danach, hat er keine Blähungen oder "Gluckern" im Bauch, dann würde ich das Futter vorerst beibehalten. Im Zweifel suchen Sie Ihren Tierarzt auf und lassen den Hund durchchecken. Dies gilt vor allem dann, wenn er von einem Tag auf den anderen aufhört zu fressen oder sich in irgendeiner Form auffällig verhält.
2. Napf
Es könnte sein, dass es nicht am Futter sondern am Napf liegt. Es lohnt sich, den Test zu machen: Porzellan, Plastik, Keramik, Edelstahl, Aluminium, Silikon, etc. Sie müssen nicht gleich das ganze Sortiment im Tierbedarf einkaufen, sondern können auch erstmal Vorratsdosen, Teller und Schüsseln aus Ihrem Küchenbestand testen. Auch die Form des Napfes kann eine Rolle spielen. Ebenso der Standort. Viele Hunde brauchen Ruhe zum Fressen. Da wäre es ungeschickt, den Napf mitten im Raum zu platzieren, während die ganze Familie um den Hund herumspringt. Prüfen Sie auch den Untergrund und welche Geräusche während des Fressens entstehen. Für unsichere Hunde können die Geräusche der Grund sein, nicht zu fressen.
3. Uhrzeit der Fütterung
Kennen Sie die Menschen, die morgens nicht das Haus verlassen können, ohne zu frühstücken? Oder die, denen beim Anblick von Essen vor 10 Uhr schlecht wird? Warum sollte das bei Hunden anders sein?
Die Ansicht, dass der Hund dann fressen muss, wenn es der Mensch bestimmt, teile ich nicht. Stattdessen würde ich dem Hund das Futter zu verschiedenen Zeiten anbieten. Ergibt sich heraus, dass der Hund zum Beispiel immer erst nachmittags frisst, könnten Sie das Frühstück weglassen und das Futter auf Nachmittag und Abend aufteilen. Eine einmalige Fütterung pro Tag ist auch möglich. Allerdings rate ich tendenziell davon ab, da es sich um eine sehr große Menge handelt und die Verdauung dies auch erstmal schaffen muss. Stellen Sie sich vor, Sie würden Ihre komplette Tagesration auf einmal essen. Würden Sie das wollen?
Wichtig: aufgrund der Gefahr einer Magendrehung sollte der Hund nach dem Fressen möglichst ruhen. Daher immer erst nach dem Spaziergang füttern und keine wilden Spiele direkt nach Futtergabe beginnen.
4. Darreichungsform
Es gibt Hunde, die fressen grundsätzlich nicht aus dem Napf. Das hat erstmal nichts damit zu tun, dass sie verwöhnt sind, sondern dass sie es nicht können. Daher lohnt sich auch hier der Test: nimmt Ihr Hund das Futter eher aus Ihrer Hand? Oder aus einem Kong?
Manche Hunde erarbeiten sich lieber ihr Futter statt es einfach präsentiert zu bekommen. Nehmen Sie sich ein paar Minuten Zeit und machen aus der Fütterung ein Such- oder Wurfspiel (je nachdem, was Sie füttern). Der Hintergrund hierbei ist folgender: Hunde brauchen ein gewisses Erregungslevel, um fressen zu können. Wir Menschen übrigens auch. Stellen Sie sich vor, Sie würden mitten in der Nacht aus dem Tiefschlaf gerissen und jemand würde Ihnen Ihr Lieblingsessen vor die Nase halten. Wären Sie in der Lage, es zu essen? Vermutlich nicht. Ihr Körper befindet sich in dem Moment auf einem sehr niedrigen Erregungslevel. Essen ist in dem Moment keine Option.
Ich habe bei manchen Hunden schon beobachtet, dass sie besonders dann gut fressen können, wenn sie ein wenig aufgeregter sind als sonst. Zum Beispiel nach einem Spiel oder wenn der Mensch nach Hause kommt. Vielleicht haben Sie genau so einen Kandidaten daheim, der ein höheres Erregungslevel braucht, um zu fressen.
Wenn Sie Ihren Hund das Futter erarbeiten lassen, sollten Sie dies zu geregelten Zeiten tun. In freier Wildbahn entscheiden die Hunde selbst, wann sie auf Nahrungssuche gehen. Haushunde können das nicht. Wenn der Hund nicht weiß, wann er mit Futter zu rechnen hat, bedeutet das Stress. Nahrung ist ein Grundbedürfnis. Hier sollte nicht mit Erwartungsunsicherheit gespielt werden.
5. Schmerzen/Pubertät/Zahnwechsel/Läufigkeit
Pubertät, Zahnwechsel, Zahnschmerzen oder Erkrankungen können den hungrigen Hund daran hindern sein Futter zu fressen. Sollten Sie einen Verdacht haben, lassen Sie es durch einen Tierarzt abklären. Gerade Zahnschmerzen sind ein nicht zu unterschätzender Faktor.
Während des Zahnwechsels kann es helfen, das Futter vorher einzuweichen, wenn es sich um Trockenfutter handelt.
Auch bei der Pubertät kann es durch Hormonumstellung und Umbauprozesse im Gehirn dazu kommen, dass der Hund sein Futter nicht anrührt. Hier gilt erstmal: Ruhe bewahren und abwarten. Ein gesunder Hund kann ohne Probleme 1 bis 2 Tage ohne Futter auskommen ohne Schaden zu nehmen.
Auch läufige Hündinnen in der Umgebung haben auf manche Rüden einen Einfluss. Meist geht der „Liebeskummer“ mit Appetit-, Schlaflosigkeit und Jaulen einher. Ebenso können bei Hündinnen durch Läufigkeit und Veränderungen im Zyklus Phasen der Appetitlosigkeit entstehen.
6. Der Hund ist „verwöhnt“
Diesen Punkt gibt es
natürlich auch.
Stellen Sie sich vor, Sie sind im Urlaub und haben Halbpension gebucht. Jeden Morgen und Abend wird Ihnen Ihr Essen an den Tisch gebracht. Das Essen entspricht nicht ganz Ihrem Geschmack, es ist
aber auch nicht schlecht. Am 3. Tag zögern Sie einen Moment bevor Sie die Gabel in die Hand nehmen und schon ist der Kellner da und tauscht Ihr Essen gegen Ihr Lieblingsgericht aus. Das ist ja
toll, denken Sie sich und schlagen zu. Was machen Sie am nächsten Tag? Klar. Sie zögern wieder und schwups bekommen Sie Ihr Lieblingsgericht. Somit hat es der Kellner geschafft, aus Ihnen einen
„verwöhnten“ Gast zu machen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie sich ab sofort erstmal zurücklehnen und auf besseres Essen warten ist extrem hoch.
Genauso läuft es auch bei Hunden ab.
Der Hund bekommt sein Futter und zögert einen Moment. Schon ist der Mensch zur Stelle und macht sich Sorgen. Also wird dem Futter noch etwas beigemischt. Ein paar Käsestückchen vielleicht oder ein wenig Leberwurst. Vielleicht bekommt er auch regelmäßig etwas vom Tisch oder zwischendurch den ein oder anderen Leckerbissen. So schnell können Sie gar nicht schauen, wie der Hund begriffen hat, wie der Hase (oder eher Mensch) läuft. Einmal damit angefangen, wird es schwer, dass der Hund wieder sein normales Futter frisst. Also Vorsicht! Auch hier gilt: erstmal abwarten. Beschäftigen Sie sich mit etwas anderem und beachten Sie Ihren Hund nicht. Wenn Sie ständig nervös um Ihren Hund herumschleichen, fängt dieser sicherlich nicht an zu fressen.
7. "Der Hunger kommt beim Essen"
Auch diese Hunde gibt es. Solche Kandidaten müssen erstmal auf den Geschmack gebracht werden, dann läuft es. Hier kann tatsächlich ein kleiner Leckerbissen untergemischt ins Futter helfen, dass der Hund anfängt zu fressen. Die 2. Portion wird daraufhin ohne Zugabe des Leckerchen anstandslos vertilgt. Doch Vorsicht: Sie müssen wissen, welchen Typ Hund Sie vor sich haben. Nicht, dass Sie in die Falle von Nummer 6 tappen.
8. Stress/Änderung der Lebenssituation
Nicht nur Menschen kann etwas auf den Magen schlagen. Auch Hunde reagieren sensibel auf Änderungen der Lebensumstände. Stress kann zu einem verstärkten Futterdrang führen, aber auch zu Appetitlosigkeit. Prüfen Sie den Alltag Ihres Hundes: hat er die Möglichkeit, sich zurückzuziehen und seinem Schlafbedürfnis nachzukommen oder steht er ständig unter Strom?
9. Sonstiges
Die Portionsgröße kann eine Rolle spielen. Kleine Portionen sind für manche Hunde attraktiver als große. Auch die Konsistenz des Futters kann entscheidend sein. Hier könnten Sie testen, ob mehr oder weniger Flüssigkeit besser angenommen wird oder ob er lieber Stücke kaut anstatt breiiges Futter zu fressen. Auch die Temperatur des Futters (z.B. sehr kalt, da direkt aus dem Kühlschrank) oder generell im Haus (z.B. sehr warm im Sommer) können ein Faktor sein. Das Erwärmen des Futters, die Zugabe von warmen Wasser, Fleischbrühe (ungesalzen) oder einem Löffel Naturjoghurt machen das Futter attraktiver. Allerdings sollten Sie hierbei immer Punkt 6 im Auge behalten.
Medikamente können ebenfalls das Fressverhalten beeinflussen. Schauen Sie sich hierzu die Packungsbeilage an.
Was also tun, wenn der Hund nicht frisst?
„Es ist noch kein Hund vor vollem Napf verhungert!“ Diesen Satz würde ich so nicht unterschreiben und würde es bei meinen Hunden auch nicht darauf ankommen lassen. Doch von Panikmache und blindem Aktionismus rate ich ebenfalls ab.
Wenn Ihr Hund bis auf das Fressverhalten „normal“ ist und Sie keinen medizinischen Grund für die Appetitlosigkeit befürchten, sollten Sie als erstes die oben aufgeführten Punkte abklopfen und sich fragen, ob Sie dem Hund evtl. ein Fressverhalten angewöhnt habe, dass Sie so nicht beabsichtigt hatten. Wichtig ist, immer nur einen Faktor zu ändern und dies auch über einen Zeitraum von 2 Wochen zu testen, um sagen zu können, ob es hilft.
Parallel dazu können Sie den Züchter oder die Besitzer der Wurfgeschwister kontaktieren – falls hier noch Verbindungen bestehen. Es ist immer sinnvoll zu wissen, wie das Fressverhalten der Eltern oder der Geschwister ist. Im Falle meines Rüden ist es so: seine Mutter und 5 seiner 6 Wurfgeschwister zeigen identisches Fressverhalten, obwohl sie in unterschiedlichen Haushalten leben, anderes Futter bekommen und sich seit Jahren nicht mehr gesehen haben. Spannend, oder?
Helfen die oben genannten Maßnahmen nicht und auch beim Tierarzt finden sich keine Anhaltspunkte, gibt es noch die Möglichkeit der Ernährungsberatung. Das halte ich grundsätzlich für sinnvoll - auch, wenn der Hund kein auffälliges Fressverhalten zeigt. Die Ernährung ist ein entscheidender Faktor für Gesundheit und Wohlbefinden. Ein Profi kann Ihnen helfen, das passende Futter für Ihren Hund zu finden, abgestimmt auf seine Bedürfnisse und Gewohnheiten.
Ich wünsche einen guten Appetit!
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